15.05.2019 - Nicole Karrer

Psychotherapeutische Teilearbeit mit Tierfiguren bei Kindern im Trennungs- und Scheidungskonfikt

Unser Gastreferent Alfons Aichinger überzeugt mit seiner Methode.

Inzwischen zum dritten Mal kam Herr Aichinger mit einem Koffer voller Ostheimer-Tierfiguren ins IFW, um uns „Das Werben des kleinen Löwen“ näher zu bringen. Manche TeilnehmerInnen sind bereits große Fans von seinem Ansatz und auch wir Trainer haben uns sehr auf ein Wiedersehen und die anstehende Fortbildung gefreut.

Zu Beginn erläuterte Herr Aichinger die Bedürfnisse von Kindern bei Trennungen oder Scheidungen der Eltern anhand von Skulpturen mit den TeilnehmerInnen. Hier wurde schnell spürbar, wie existentiell diese familiären Veränderungen für Kinder und deren Eltern sein kann. Im nächsten Schritt führte er die Teilearbeit mit Tierfiguren ein, die auf so einfache Art die Zerrissenheit und die Loyalitätskonflikte der Kinder sichtbar macht.

Das Besondere an den Tierfiguren mit ihren runden Formen und weichen Bemalungen ist ihre Anrührbarkeit, so Herr Aichinger. Durch die intuitive Identifikation mit den Tieren erkennen die Beteiligten schnell, dass jeder von uns irgendwann eine Motivation oder Not hatte, unterschiedliche Anteile zu entwickeln. Auch bedrohliche Anteile lassen sich z.B. mit der Figur des Nilpferdes mit aufgerissenem Maul leichter benennen und annehmen.

Es geht also nicht unbedingt um die naturalistische Darstellung der Tiere, sondern um deren zugeschriebenen Charakter. Nur wenn wir anrührbar und erreichbar sind und es uns als TherapeutIn gelingt, einen Kontakt zwischen dem Mensch- und dem Tier-Teil zu schaffen, ist die Methode für die jungen Klienten und ihre Bezugspersonen erlebbar und wirksam.

Diese Verbindung erzeugt Herr Aichinger zusätzlich durch seine Sprache. Beispielhaft führt der das vom Kind für seinen „guten Mutterteil“ gewählte Huhn folgendermaßen ein: „Du hast für Deine Mutter ein Huhn ausgewählt. Lass es uns mal zusammen anschauen. Das Huhn hat weiche Federn und die kleinen Küken können sich darunter verstecken und sind dort ganz sicher und warm. So beschützt das Huhn ihre Küken.“

Die Sprache des Spiels so intensiv zu nutzen führt Herr Aichinger auf Jacob Moreno zurück, für den das Spiel der Königsweg des Kindes und der Königsweg zum Kind darstellte. Durch die freie Gestaltung der Erfahrungen im Spiel gewinnt das Kind wieder an Selbstsicherung sowie Kontrollfähigkeit und findet wieder Zugang zu seiner Kreativität. Herr Aichinger nutzt die nach und nach entstehenden Tier-Skultpuren auch als Möglichkeit der Distanzierung für die Kinder und als Schaffung einer Metaebene für die Eltern, um wieder Verständnis für die Bedürfnisse der Kinder zu erreichen.

Eindrücklich zeigt er an anschaulichen Praxisbeispielen aus seiner langjährigen Berufserfahrung (u.a. als Leiter einer Erziehungsberatungsstelle) die Loyalitätskonflikte und Schwierigkeiten von Kindern und Eltern in der Extremsituation einer Trennung oder Scheidung.

Im gemeinsamen Üben in Kleingruppen wurde für uns TeilnehmerInnen spürbar, wie komplex und auch sprachlich herausfordernd die Umsetzung seiner Methode ist.

Die zwei Tage vergingen viel zu schnell und die Abschlussrunde zeigte, dass zahlreiche Ideen für Umsetzungen und Integrationen in die unterschiedlichsten Arbeitskontexten entstanden sind.

 

Wir freuen uns schon jetzt auf ein Wiedersehen mit Alfons Aichinger im Herbst 2022, wenn er erneut zu einem Workshop zum Thema Psychodramatische Teilearbeit mit Tierfiguren bei unsicher und desorganisiert gebundenen Kindern zu uns nach München kommt und uns zeigt, “Wie der bissige Wolf das hilflose Küken zu schützen versucht.”

Zum Workshop


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